11. August 2017
Zwei Pflichtmitglieder in Bayern klagten gegen die aufgrund der Pflichtmitgliedschaft in der IHK ergangenen Beitragsbescheide bis zum BVerfG.
Die Verfassungsrichter prüften, ob die Pflichtmitgliedschaft ein Eingriff in die gemäß Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Allgemeine Handlungsfreiheit darstellen.
Ein Eingriff wurde grundsätzlich bestätigt, da die Pflichtmitgliedschaft nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sei.
Dieser Eingriff benötige daher eine gesetzlicher Grundlage. Rechtliche Grundlage wäre hier das IHKG, wenn dieses nicht gegen das Grundgesetz verstoßen würde.
Das BVerfG bestätigte, dass aus Art. 2 Abs. 1 GG das Recht erwächst, nicht infolge einer Pflichtmitgliedschaft von unnötigen Körperschaften in Anspruch genommen werden zu können.
Nach Auffassung des BVerfG handelt es sich bei der IHK aber nicht um eine unnötige Körperschaft. Der Gesetzgeber habe zulässigerweise bestimmt, dass die Handelskammern „das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirks wahrnehmen, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken und dabei die Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen“.
Zudem seien die Industrie- und Handelskammern nach dem Gesetz zur Vertretung aller im Bezirk vorhandenen wirtschaftspolitischen Perspektiven verpflichtet.
Die Richter stellten weiter fest, dass eine Vielzahl von Wirtschaftsverwaltungsaufgaben spezialgesetzlich auf die Industrie- und Handelskammern übertragen sei. Dies seien beispielsweise die Ausstellung von Bescheinigungen und die Prüfung von Sachkunde in einer Vielzahl von Gewerbezweigen.
Die freiwillige Mitgliedschaft als Alternative zur Pflichtmitgliedschaft ist nach Auffassung der Verfassungsrichter nicht die eindeutig weniger belastende Wahl.
Eine freiwillige Mitgliedschaft erreiche nämlich nicht das Ziel, in den Kammern die Teilhabe aller großen, mittleren und kleineren Unternehmen und Betriebe zu sichern. Die Zielsetzung der Wahrnehmung des Gesamtinteresses sei notwendigerweise mit einer möglichst vollständigen Erfassung der Gewerbetreibenden und ihrer Interessen verbunden, die abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen seien.
Nur die allgemeine Mitgliedschaft ermögliche sowohl die selektive Interessenvertretung einzelner als auch die Wahrnehmung des Gesamtinteresses.
Diese Beitragspflicht wiege nicht so schwer, dass mit ihr ein unzulässig beschwerender Eingriff in die Handlungsfreiheit des einzelnen Gewerbetreibenden verbunden wäre. Die Höhe der Beiträge sei eher moderat.
Vor diesem Hintergrund ist die Pflichtmitgliedschaft nach Auffassung der Verfassungsrichter auch zumutbar und zur Erreichung der legitimen Ziele des Gesetzgebers erforderlich.
Im Ergebnis existiert nach Auffassung der Verfassungsrichter für die Pflichtmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammern eine ausreichende gesetzliche Grundlage, weshalb die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen wurden.
(BVerfG, Beschluss v. 12.7.2017, 1 BvR 2222/12)
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