27. März 2017
Wenn der Arbeitsvertrag eine Probezeit von längstens sechs Monaten vorsieht, kann das Arbeitsverhältnis gemäß § 622 Abs. 3 BGB in der Probezeit ohne weitere Vereinbarung von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.
Wenn jedoch in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag in einer weiteren Klausel eine längere allgemeine Kündigungsfrist festgelegt wird, ohne unmissverständlich deutlich zu machen, dass diese längere Frist erst nach dem Ende der Probezeit gelten soll, ist dies vom Arbeitnehmer regelmäßig dahin zu verstehen, dass der Arbeitgeber schon während der Probezeit nur mit der vereinbarten längeren Frist kündigen kann.
Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Flugbegleiters.
Dessen Arbeitsvertrag war vom Arbeitgeber vorformuliert worden. Darin war pauschal bestimmt, dass sich die Rechte und Pflichten der Parteien nach einem Manteltarifvertrag richten, der während der Probezeit besondere Kündigungsfristen vorsah. In § 3 des Arbeitsvertrages war unter der Überschrift „Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses“ vorgesehen, dass die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses als Probezeit gelten. In § 8 des Vertrags, der mit „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ überschrieben war, war ohne Bezugnahme auf § 1 oder § 3 des Vertrags festgelegt, dass eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende gelte. In der Probezeit erhielt der Flugbegleiter eine Kündigung mit der Kündigungsfrist von 2 Wochen. Er beantragte die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf der in § 8 des Arbeitsvertrags vereinbarten Frist geendet hat. Aus dem Vertrag ergäbe sich nicht, dass innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses eine kürzere Kündigungsfrist gelten solle.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat auf die Berufung des Flugbegleiters das Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben.
Das Bundesarbeitsgerichts bestätigte das LAG. Die Bestimmungen des vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrags sind Allgemeine Geschäftsbedingungen. Sie sind so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher, regelmäßig nicht rechtskundiger Arbeitnehmer versteht. Aus Sicht eines solchen Arbeitnehmers lässt eine Vertragsgestaltung wie die im Arbeitsvertrag der Parteien nicht erkennen, dass dem Verweis auf den Manteltarifvertrag und der Vereinbarung einer Probezeit eine Bedeutung für Kündigungsfristen zukommt. Nach Wortlaut und Systematik des Vertrags wäre allein die Bestimmung einer sechswöchigen Kündigungsfrist maßgeblich. Diese Frist gilt auch für Kündigungen in der vereinbarten Probezeit.
Nach diesem Urteil ist es wichtig, in Arbeitsverträgen klar zu regeln, dass während einer vereinbarten Probezeit von längstens 6 Monaten die kurze Kündigungsfrist des § 622 ABS. 3 BGB (2 Wochen) gilt.
Quelle | BAG, Urteil vom 23.3.2017, 6 AZR 705/15
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